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Das sind die nächsten Übernahmekandidaten

Der Online-Händler Zur Rose betreibt auch physische Apotheken, hier in der Migros am Zürcher Limmatplatz.

In kurzer Zeit haben die Detailhändler Valora und Dufry zwei grosse Übernahmen bekanntgegeben. Die mexikanische Femsa kauft die für ihre Kioske bekannte Valora für 1,1 Mrd. Fr. Die Betreiberin von Duty-Free-Läden Dufry erwirbt die italienische Autogrill (Restaurants an Flughäfen und Autobahnen) in einem Aktientausch mit der Mehrheitseignerin, der Benetton-Familie.

Valora wie Dufry hatten unter den Einschränkungen während der Pandemie gelitten, ihre Aktien waren im Keller. Gibt es an der Schweizer Börse Unternehmen in einer ähnlichen Situation, die ebenfalls zu Grosstransaktionen schreiten könnten?

Schwächerer M&A-Index

Jürg Stucker vom Beratungsunternehmen Oaklins Switzerland glaubt nicht, dass die Akquisitionen von Valora und Autogrill auf eine allgemeine Belebung der Mergers & Acquisitions-Aktivitäten (M&A) in der Schweiz schliessen lassen. «Beide Transaktionen waren schon länger aufgegleist», sagt Stucker. «Das sich eintrübende Marktumfeld kann sie nicht bremsen.»

Oaklins, die einen M&A-Index erhebt, erwartet für den Gesamtmarkt im Gegenteil weniger Übernahmen. Der Index stützt sich auf die Aussagen von hundert Marktspezialisten. Diese erwarten für die nächsten sechs bis zwölf Monate weniger Transaktionen.

Verkäufer hadern mit tiefen Kursen

Andreas Neumann, Leiter Equity Capital Markets der ZKB, kann sich hingegen weitere Übernahmen vorstellen. Die tieferen Aktienkurse könnten Käufer anlocken. «Allerdings messen die bestehenden Investoren die Angebote an ihrem Einstandspreis», gibt Neumann zu bedenken. «Haben sie zu höheren Kursen gekauft als dem angebotenen Kaufpreis, könnten sie zurückhaltender sein bei der Andienung, es sei denn, die Prämie ist hoch.»

Das mag mit ein Grund für die hohe Valora-Prämie von 52% sein. Das Angebot von 260 Fr. pro Aktie entspricht knapp dem Niveau vor dem coroanbedingten Absturz 2020. «Schlaue Käufer kaufen eben, wenn sich der Übernahmekandidat in einem Loch befindet», sagt Remo Rosenau, Leiter Research bei der Helvetischen Bank.

Alte und neue Übernahmekandidaten

Zu tiefen Kursen werden unter anderem Temenos, Logitech, AMS Osram, Zur Rose, Ascom oder auch Clariant und Holcim gehandelt. Mit Ausnahme des Baustoffkonzerns Holcim und Logitech, die PC-Zubehör und Videokonferenzlösungen anbietet, kursierten zu ihnen in der Vergangenheit schon Übernahmegerüchte.

«Holcim ist sicher sehr günstig bewertet», sagt Rosenau. Aufgrund der hohen Marktkapitalisierung von 25 Mrd. Fr. sowie den herrschenden ESG-Vorbehalten gegenüber dem Zementgeschäft erachtet er eine Übernahme momentan aber als eher unwahrscheinlich.

Temenos und AMS Osram

Erst vor gut zwei Monaten hat Bloomberg über ein angebliches Interesse der Private-Equity-Gesellschaft Thoma Bravo am Bankensoftwarehersteller Temenos berichtet. Allerdings wurde gleich nachgeschoben, dass ein Deal wegen hoher Bewertungserwartungen des Unternehmens schwierig werden dürfte. «Temenos bleibt aber ein Übernahmekandidat», sagt Rosenau.

Vor der Übernahme durch AMS hatten sich Private-Equity-Gesellschaften auch um Osram bemüht. Der tiefe Aktienkurs des kombinierten Unternehmens könnte sie erneut auf den Plan rufen. Für Rosenau steht der Sensorhersteller aber nicht zuoberst auf der Liste der Übernahmekandidaten.

Attraktive Logitech und Problemfall Ascom

Logitech wäre für den Aktienstrategen ein attraktiveres Ziel. Das Unternehmen ist profitabel, hat keine Schulden und 1,3 Mrd. Fr. Cash. Die Aktien hatten zunächst vom Home-Office-Trend während der Pandemie profitiert und leiden nun unter der Befürchtung, dieses Geschäft werde schrumpfen. Doch ein grösserer Player in der Elektronikbranche könnte an Logitech Interessiert sein. Rosenau verweist auf den Computerhersteller HP, der kürzlich Poly gekauft hat, die wie Logitech im Bereich Videokonferenzen tätig ist.

Auch bei den Kommunikationslösungen für Spitäler, wo Ascom engagiert ist, seien Übernahmen denkbar, sagt Manuel Peter, ebenfalls Analyst bei der Helvetischen Bank. Erst kürzlich hat der Medtech-Konzern Stryker den Konkurrenten Vocera für 3 Mrd. $ gekauft. Nach jahrelangem Krebsgang notieren Ascom nahe dem Allzeittief. Die einstige Schweizer Telecomgrösse weist noch knapp 250 Mio. Fr. Börsenwert auf. «Ascom kommt nicht vom Fleck und ist unter enormem Druck, zu liefern», sagt Peter.

Schnäppchen Zur Rose und Clariant

Regelrecht abgestürzt sind Zur Rose. Im Februar 2021 kosteten die Aktien fast 500 Fr., nun sind es 66 Fr. Der Online-Medikamentenhändler, der eine Gesundheitsplattform aufbaut, ist an der Börse noch knapp 700 Mio. Fr. wert. Amazon, die in den Gesundheitsbereich vorstossen will, würde das aus der Portokasse finanzieren. Früher wurde spekuliert, die Amerikaner könnten an einer Übernahme interessiert sein, um so in Europa rascher Fuss zu fassen.

Der Spezialitätenchemieproduzent Clariant wurde schon öfter als Übernahmekandidat herumgereicht. Ende Juni ist eine Vereinbarung mit ihrem grössten Aktionär, der saudischen Sabic, ausgelaufen. Sie hält 31,5% an Clariant. Es erscheint naheliegend, dass die Saudis früher oder später einen Deal eingehen werden. Verhandlungen über ein Joint Venture, in das beide Teile ihrer Aktivitäten eingebracht hätten, ist 2019 an unterschiedlichen Vorstellungen zum Wert der jeweiligen Einheiten gescheitert. Will Sabic keinen feindlichen Übernahmeversuch starten, müsste Sie sich nun mit weiteren Aktionären über den Wert der ganzen Clariant einig werden.

Ob in nächster Zeit weitere Übernahmen zustande kommen, dürfte allgemein von der Verkaufsbereitschaft von Grossaktionären abhängen. Diese spielen aber vor allem bei Temenos und Clariant eine Rolle, bei den anderen weniger.

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