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Aussicht AktienmarktDefensive Aktien bleiben das Gebot der Stunde

Defensive Aktien wie diejenigen des Konsumgüterherstellers Johnson & Johnson sollten auch in nächster Zeit die Nase vorn haben.

Kommt es noch zum Happy End an den Aktienmärkten dieses Jahr? Es sieht nicht so aus. Einige Faktoren, die die Kurse derzeit belasten, könnten sich in nächster Zeit eher verschärfen. So steht eine ausgemachte Rezession in vielen Volkswirtschaften – insbesondere in Europa – vor der Tür. Anleger sollten sich daher weiterhin defensiv positionieren.

Die Berichtssaison für das dritte Quartal wird in einigen Wochen anlaufen. Sie wird wohl einen Vorgeschmack darauf geben, was die Investoren infolge der Konjunktureintrübung zu erwarten haben. Die Analysten werden ihre Gewinnschätzungen markant zurücknehmen, mehr Unternehmen werden Gewinnwarnungen publizieren.

Auch die politischen Risiken dürfen nicht unterschätzt werden. In Italien sind für den 25. September Parlamentswahlen angesetzt. Der Kongress der Kommunistischen Partei Chinas könnte im Oktober für neue Unsicherheit sorgen. Und der Wahlkampf für die US-Zwischenwahlen im November läuft nun an – die Demokratische Partei könnte dann die Mehrheit in beiden Parlamentskammern verlieren.

Die Inflation ist hartnäckig

Doch der wichtigste Belastungsfaktor für die Aktienkurse bleibt die Geldpolitik. Wegen der weiterhin sehr hohen Inflation (vgl. Grafik unten) ist für Europa und die USA zu erwarten, dass die Notenbanken die Zügel weiter anziehen. Zwar erscheint der Höhepunkt der US-Teuerung überschritten, doch sie könnte sich als hartnäckiger erweisen, als die Märkte annehmen. Wegen knapper Arbeitskräfte ist am amerikanischen Arbeitsmarkt eine Lohn-Preis-Spirale in Gang gekommen. Und die anhaltende Entglobalisierung sorgt strukturell für höhere Herstellungskosten.

Noch stärker als die Zinserhöhungen könnte der Abbau der Notenbankbilanzen die Kurse dauerhaft nach unten drücken. Die Liquidität der Anleihenkäufe (Quantitative Easing) war über ein Jahrzehnt lang eine der treibenden Kräfte der Aktienrally.

Die Performance der Aktienmärkte zeugt davon, dass die Anleger diese Realität langsam anerkennen. Die Erholung nach dem Zwischentief im Juni hat schon vor fast einem Monat geendet (vgl. Grafik unten). Der US-Aktienmarkt hat in dieser Bärenmarktrally am besten abgeschnitten. In Franken gerechnet haben die amerikanischen Titel in den vergangenen zwölf Monaten rund 5% nachgegeben.

Auch die Schweizer Benchmark SPI konnte sich etwas vom Tief erholen und notiert 10% tiefer als vor einem Jahr. Der europäische Leitindex Stoxx Europe 600 steht deutlich schlechter da. Europas Aktien befinden sich mit einem Verlust von 20% in den vergangenen zwölf Monaten nahe ihrem Jahrestief.

Nur Energieaktien mit deutlichem Gewinn

Die Indizes wären noch tiefer gefallen, hätte nicht ein Sektor starke Gewinne eingefahren: Die Energieaktien haben auf globaler Ebene im vergangenen Monat nochmals um über 5% zugelegt (vgl. Grafik unten). Im Jahresvergleich stehen die Titel nun 55% höher. Der einzige andere Sektor, der positiv performt hat, sind die Versorger. Sie notieren immerhin 6% höher.

Der zyklische Konsum – darunter fallen beispielsweise Autohersteller – und die zinssensitiven Tech-Valoren notieren fast 17% tiefer als vor einem Jahr. Ebenso haben die Industrie- und die Rohwarenaktien stärker eingebüsst als der Gesamtmarkt.

Vergleicht man die Performance globaler zyklischer und defensiver Titel, zeigt sich: Wenn man sein Portfolio so ausgerichtet hat, dass man weniger der Konjunktur ausgesetzt war, konnte man den Markt deutlich schlagen. Seit Anfang Jahr tendieren die defensiven Sektoren immerhin seitwärts (vgl. Grafik). Dagegen haben die zyklischen Werte gut 18% eingebüsst. An ihrem Tiefpunkt im Juni lagen sie gar ein Viertel unter dem Stand vom September vergangenen Jahres.

Im Vergleich zu den USA oder der Schweiz erscheint der europäische Markt anhand des Kurs-Gewinn-Verhältnisses (KGV) auf den ersten Blick günstig: Auf Basis des geschätzten Gewinns ist das KGV zuletzt unter 12 gefallen – den niedrigsten Stand seit zehn Jahren (vgl. Grafik unten). Zwar sind auch die Bewertungen der schweizerischen und der amerikanischen Valoren zurückgekommen. Doch sie notieren nahe ihrem langjährigen Durchschnitt, also nicht auffällig günstig.

Die europäischen Titel sind zu Recht abgestraft worden. Und ihre Kurse könnten künftig gar noch weiter fallen. Wegen des schlechten Konjunkturausblicks ist der von zyklischen Aktien dominierte europäische Markt im aktuellen Umfeld kaum attraktiv. Die Gewinne der dortigen Unternehmen bleiben unter Druck. Und das Szenario von blockierten Lieferungen an Erdgas und einer anhaltenden Zersetzung der Kaufkraft ist wohl noch nicht ausreichend eingepreist.

Die teureren Märkte der Schweiz und der USA sollten sich auch in absehbarer Zukunft besser halten. Zwar sind die Gewinnmargen der Unternehmen sehr hoch: 15% im S&P 500 und 14% im SPI – dieses Margenniveau wird kaum zu halten sein. Doch immerhin ist dort die Rezessionsgefahr geringer als in der Europäischen Union.

US-Aktien profitieren vom besseren Konjunkturausblick

Für eine günstigere Kostenbasis der US-Industrie und eine höhere Kaufkraft der amerikanischen Konsumenten spricht, dass man dort weniger von Energieimporten abhängt. So ist das Erdgas in den USA zwei Drittel günstiger als in Europa. Goldman-Sachs-Stratege David Kostin schreibt in einem Kommentar: «Trotz der Bedenken der Anleger gegenüber dem US-Aktienmarkt sind wir der Meinung, dass er ein grösseres absolutes und risikobereinigtes Renditepotenzial bietet als die rezessionsgeplagten europäischen Märkte.»

Was die grossen internationalen Konzerne mit Sitz in den USA und der Schweiz gemeinsam haben: Sie verfügen über renommierte Marken und können dank ihrer starken Marktstellung die höheren Inputkosten leichter an die Kunden überwälzen. Damit können sie während einer anhaltenden Inflation ihre Gewinnmargen besser halten.

Auf Sektorebene zeigen die Bewertungen an, dass viele zyklische und zinssensitive Branchen noch zu teuer sind, um eine klare Einstiegsgelegenheit zu bieten. Der zyklische Konsum oder IT-Titel sind im historischen Vergleich des KGV hoch bewertet (vgl. Grafik unten). Nur die Energie- und die Rohwarenaktien, getrieben durch hohe Preise an den Rohstoffmärkten, sind gemäss KGV tief bewertet. Die Gesundheitsbranche erscheint nicht übermässig teuer, der defensive Sektor des Basiskonsums ist immerhin weniger hoch bewertet als die Tech-Papiere.

Im garstigen Börsenumfeld sollte sich die Outperformance der defensiven Werte fortsetzen. Die Analysten von Oxford Economics präferieren hierbei den Basiskonsum: «Er erscheint gemäss Bewertungen und Anlegerstimmung relativ gut positioniert, die Unternehmensgewinne haben sich in den letzten Monaten deutlich verbessert.»

Branchen, deren Bewertung von einer guten Konjunktur und niedrigen Zinsen abhängig ist, sollte man tendenziell meiden. Dazu gehören Immobilien, IT-Titel und der zyklische Konsum. Und Energieunternehmen sind zu stark vom schwankenden Ölpreis abhängig, um sie im Portfolio überzugewichten.