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Erdély, Siebenbürgen, Ardeal

Ein Mann in Székler-Tracht bestaunt eine landestypische Wehrkirche: Erdély, Siebenbürgen, Ardeal im schönsten Klischee. Die Siebenbürger Konsumgenossenschaft Hangya, Ameise, war einst in Marosvásárhely/Târgu Mureș/Neumarkt am Mieresch ansässig. Unter der magyarischen Stephanskrone, in Zeiten der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn, vertrugen sich die Völkerschaften einigermassen leidlich. Die unbedachte Zerstückelung «Kakaniens» nach dem Ersten Weltkrieg war dann aber «eine der katastrophalsten Humorlosigkeiten der Weltgeschichte», lautet der treffende Schmäh des Autors Friedrich Torberg. Im Ungarisch-Rumänischen Krieg von 1919, einem Nachspiel der «grande guerre», kontrollierten Truppen des Königreichs Rumänien zeitweilig fast die ganze damalige Räterepublik Ungarn; 1916 noch hatten k. u. k Truppen die rumänische Hauptstadt Bukarest besetzt.

Die Aktie über 100 Pengő – von 1927 bis 1946 Ungarns Währung – wurde 1943 ausgestellt: Der nördliche Teil Siebenbürgens gehörte von 1940 bis 1944 wieder zu Ungarn. Verfügt hatten das Adolf Hitler und Benito Mussolini, im sogenannten Zweiten Wiener Schiedsspruch. Diese territoriale Neuordnung etwa im Ausmass der Schweiz überstand den Ausgang des Zweiten Weltkriegs nicht; Siebenbürgen kam endgültig ganz zu Rumänien.

Weder unter der Knute der Kommunisten bis 1989/90 noch als demokratisch gewendete Republiken, unterdessen gar als EU- und Nato-Partner, sind sich Ungarn und Rumänien grün: Man traut sich nicht über den Weg.

Was nicht heisst, dass heutzutage das Zusammenleben im siebenbürgischen Alltag die reine Qual wäre. Marosvásárhely/Târgu Mureș, eine Stadt von rund 130 000 Einwohnern, ist nach forcierter Industrialisierung mittlerweile je etwa zur Hälfte rumänisch- bzw. magyarischsprachig. Der gegen­wärtige Bürgermeister von Marosvásárhely/Târgu Mureș – der Polgármester bzw. Primar – trägt einen ungarischen ­Namen, die Website der Stadt bietet sowohl «Informații ­publice» wie auch «Közérdekű információk» an: zwei exotische Sprachinseln unentwirrbar beieinander, eine balkan­romanische und eine uralische.

Die Genossenschaft Ameise beschäftigte sich mit dem An- und Verkauf, der Lagerung und der Verarbeitung landwirtschaftlicher Güter; sie betrieb eine eigene Ladenkette und eine Sparkasse. Ab 1945 hatten die rumänischen Genossen dann nurmehr wenig Sinn für Genossenschaften des Klassen-, wenn nicht gar Rassenfeindes. Unter dem «Karpaten­genie» Nicolae Ceausescu, wie der kommunistische Langzeittyrann sich von seinen Hofschranzen titulieren liess, gerieten die nationalen Minderheiten schwer unter Druck. Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben sind grösstenteils nach Deutschland ausgewandert. Die rund 1 Mio. Székler (quasi die Montan-Magyaren der Karpaten, in ihrer Mundart klar un­terscheidbar von ihren nahen Puszta-Verwandten) halten zäh an der Erde ihrer Vorväter fest, als die grösste autochthone nationale Minderheit in den östlichen EU-Ländern.