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Wenn die demografische Dividende zur Hypothek wird

In den Fünfziger- und Sechzigerjahren fand vielerorts ein Babyboom statt. Doch inzwischen kehren die Boomer dem Arbeitsmarkt langsam den Rücken zu.

Die japanische Regierung finanziert sogenannte Matchmaking-Projekte, die künstliche Intelligenz einsetzen. Dank dieser Initiative sollen einsame Herzen zueinanderfinden und möglichst rasch für Nachwuchs sorgen. Denn der Inselstaat hat dem Rest der Welt einiges voraus, insbesondere aber ergraut die Bevölkerung nirgends so schnell wie in Japan. Die Verschiebung der Altersstruktur bereitet Sorgen.

Heutzutage leben 7,93 Mrd. Menschen auf der Erde, gemäss den Projektionen der Vereinten Nationen sollen es bis 2050 knapp 10 Mrd. werden. Doch das Bevölkerungswachstum ist sehr ungleich verteilt, gerade mal neun Länder sind für die Zunahme verantwortlich. Keines davon liegt in Europa, die USA werden als einziges industrialisiertes Land zum Wachstum beitragen.

Shades of Grey

In Europa schrumpft die Bevölkerung, und der Anteil der Rentner wird mit dem Rückzug der Babyboomer aus dem Erwerbsleben drastisch wachsen. Die Lebenserwartung steigt, während die Geburtenziffern vielerorts sinken. Die Europäische Union geht davon aus, dass im Jahr 2070 rund 30% der Europäer 65 Jahre oder älter sein werden.

In der Schweiz liegt der Abhängigkeitsquotient – also das Verhältnis derjenigen, die nicht erwerbstätig sind (unter 15-Jährige und über 64-Jährige), zur Erwerbsbevölkerung – bereits über 50%. Bis zum Jahr 2050 soll er auf mehr als 70% klettern.

Der Megatrend der Alterung hat unbequeme ökonomische Konsequenzen. Bevölkerungsgrösse und Altersstruktur beeinflussen das gesamtwirtschaftliche Wachstum, das Konsumverhalten, die Sparneigung,  die Inflation, die Produktivität, die Zinsen und auch die Aktienperformance, denn das Anlegerverhalten ändert sich im Verlauf des Lebens. Zudem gerät insbesondere die umlagefinanzierte Altersvorsorge weiter unter Druck. Doch Politiker schieben das Problem oftmals vor sich her.

Babyboomer drücken den Zins

Aktuell beschäftigt die Stagflation, die Kombination aus hoher Inflation und schwachem Wachstum, die Gemüter. Doch der zyklische Preisauftrieb sollte nicht von der Tatsache ablenken, dass die Veränderung der Altersstruktur massgeblichen Einfluss auf die Inflationsdynamik in der langen Frist haben kann.

Solange die geburtenstarken Jahrgänge noch im Arbeitsleben stehen, wirkt das grosse Arsenal an Arbeitskräften eher lohndämpfend, und die damit verbundenen niedrigen Produktionskosten ziehen die Güterpreise mit nach unten. Zudem tendiert die Altersgruppe der 40- bis 64-Jährigen dazu, Ersparnisse anzuhäufen und Vermögen aufzubauen. Dadurch erhöht sich das Angebot an Kapital, und der Preis des Geldes – der Zins – fällt. Die hohe Sparneigung führt zu geringerer Güternachfrage, was ebenfalls inflationsdämpfend wirkt.

Eine Gruppe von Ökonomen aus der Schweiz und Deutschland hat zudem die Wirkung der Demografie auf den Realzins am Beispiel der Schweiz berechnet. Demnach ist der kurzfristige Realzins seit 1990 demografiebedingt um rund vier Prozentpunkte gesunken. «Damit würde der demografische Wandel rund zwei Drittel des tatsächlichen Rückgangs des Realzinses in diesem Zeitraum erklären», wie die Forschergruppe erklärt. Verstärkt wurde der Effekt natürlich durch die extrem lockere Geldpolitik seit der grossen Finanzkrise.

Rendite mit der Alterung

Doch mit dem deflationären Effekt der bis anhin vorherrschenden Altersstruktur wird bald Schluss sein: Die Babyboomer sind gerade daran, sich aus dem Erwerbsleben zu verabschieden. Die europäische Gesellschaft mutiert von einer alternden zu einer alten Bevölkerung, bei der die Zahl der Erwerbstätigen ohne massive Zuwanderung stark rückläufig und der Anteil der Menschen unter zwanzig Jahren eher gering ist.

In einer alten Gesellschaft ist die Zahl der Konsumenten wegen der vielen Rentner nach wie vor hoch, doch das Güterangebot sinkt aufgrund des Rückgangs der Erwerbstätigen. Denn wenn eine bestimmte Altersgruppe mehr Güter konsumiert, als sie selbst herstellt, hat dies einen preistreibenden Effekt.

Was heisst dies für die Aktienmärkte? Zum einen sollte die sich ändernde Altersstruktur für Aufwärtsdruck auf die Zinsen sorgen, was den Aktienbewertungen nicht zuträglich ist. Ausserdem reduzieren Rentner selbst bei steigender Lebenserwartung tendenziell den Anteil von Risikopapieren im Portfolio, was ebenfalls die Kurse belastet.

Doch der Supertrend ist nicht nur bedrohlich. Anleger können auch davon profitieren. Entsprechende Themenfonds setzen sich beispielsweise aus Valoren aus den Bereichen Gesundheit und medizinische Vorsorge, Luxusreisen, Pflegeeinrichtungen, Fitnessketten oder auch Robotik zusammen. Schliesslich glänzen viele Schwellenländer mit einer vorteilhaften Altersstruktur, was Investoren bei der Allokation des Kapitals berücksichtigen sollten.