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Ein Wachstumspfad für die USA

Manche Kreise in der Regierung der USA und auch anderswo sind pessimistisch, was die Zukunft der amerikanischen Wirtschaft betrifft. Es ist an der Zeit, diese Stimmung aufzuhellen.

Die Pessimisten befürchten, dass eine Reihe von Versorgungsschocks in den vergangenen zwei Jahren – aufgrund der Covid-Pandemie, der Produktionsstörungen in China und der russischen Invasion in der Ukraine – das Wirtschaftswachstum zum Entgleisen gebracht haben. Darüber hinaus neigt das Fed nun dazu, die Zinsen zu erhöhen, bis die Geldpolitik nach den Worten des Vorsitzenden Jerome Powell «den Haushalten und den Unternehmen Schmerzen bereitet», was angeblich die einzige Möglichkeit ist, die Inflation unter Kontrolle zu bringen.

Eine alternative Sichtweise hat jedoch nicht annähernd die Aufmerksamkeit erhalten, die sie verdient. Ihren Befürwortern zufolge ist Amerikas Wirtschaft bereit für ein erhebliches nachhaltiges Wirtschaftswachstum, weil die Entwicklungen der vergangenen drei Jahre – durch Glück und einen neuen politischen Konsens – ein grosses Hindernis für ein integratives Wachstum beseitigt haben.

Konzentration an wenigen Orten

In den vergangenen Jahrzehnten konzentrierte sich die Innovation auf einige wenige Grossstädte – vor allem an der Ost- und der Westküste –, in denen es auch immer teurer wurde zu leben. Doch die Reaktionen des Privatsektors auf die Pandemie haben die Verbindung zwischen Standort und Innovation abgeschwächt, und eine neue überparteiliche Gesetzgebung wird nun neue wirtschaftliche Möglichkeiten über das ganze Land verteilen.

Untersuchungen von Chang-Tai Hsieh (University of Chicago) und Enrico Moretti (University of California, Berkeley) haben ergeben, dass Beschränkungen des Wohnungsangebots in «hoch produktiven Städten» in den USA den Zustrom von Arbeitskräften in die boomenden Gebiete begrenzt haben. Die Mieten waren einfach zu hoch. Hsieh und Moretti schätzen, dass das Wachstum in den USA ohne die Beschränkungen des Wohnungsangebots zwischen 1964 und 2009 um 50 % höher ausgefallen wäre – ein enormer Effekt.

Eine politische Antwort wäre der Bau von mehr Wohnungen in Orten wie San Francisco und Boston. Aber solche Ideen stossen immer wieder auf lokalen Widerstand und werden sich wohl nie durchsetzen. Die offensichtliche Alternative, die Jonathan Gruber und ich in «Jump-Starting America» vorgeschlagen haben, ist die, mehr Möglichkeiten für produktivere Arbeitsplätze an Orten zu schaffen, an denen die Menschen bereits leben, ausserhalb der grossen etablierten Technologiezentren.

Tyrannei der Entfernung durchbrechen

Als Gruber und ich diese Ideen 2019 veröffentlichten, war die Reaktion höflich, aber gedämpft. Die Tyrannei der Entfernung zu durchbrechen, schien den meisten Menschen schwerzufallen. Schliesslich, so wurde argumentiert, müsse man doch mindestens vier Tage pro Woche (oder besser fünf!) ins Büro oder ins Labor kommen, um produktiv zu sein.

Doch seither haben sich drei wichtige Veränderungen ergeben.

Die erste betrifft die Einstellung der Arbeitnehmer. Die meisten Menschen pendeln nicht gerne, vor allem nicht, wenn sie dabei im Stau stehen oder in öffentlichen Verkehrsmitteln in der Nähe anderer Menschen sein müssen. Die meisten Menschen wollen freitags nicht ins Büro gehen, und viele würden es vorziehen, nicht mehr als zwei Tage pro Woche persönlich zu erscheinen. Die Meinungen variieren natürlich je nach Persönlichkeitstyp, Karrierestufe und anderen Merkmalen, aber die Arbeitnehmer bekunden eindeutig ihr Interesse an wesentlich flexibleren Arbeitsplänen und Arbeitsplatzregelungen.

Arbeiten aus teuren Gegenden verlegen

Zweitens: Auch wenn es einigen Unternehmen lieber wäre, wenn jeder jeden Tag auftauchen würde, bedeutet ein ausgetrockneter Arbeitsmarkt, dass Manager darauf achten müssen, wie talentierte Leute ihr Leben gestalten wollen. Zumindest teilweise bedeutet dies, dass man darüber nachdenken muss, Aufgaben von den überfüllten und teuren Küstenregionen an Orte mit erschwinglicheren Immobilien und kürzeren Arbeitswegen zu verlagern. Gruber und ich haben mehr als hundert Orte identifiziert, die das Potenzial haben, zu Technologiezentren der nächsten Generation zu werden.

Schliesslich hat sich auch die Politik auf Bundesebene dramatisch verändert. Der kürzlich verabschiedete Chips and Science Act of 2022, der von 64 Senatoren unterstützt wird, ist eine wichtige Verpflichtung des Bundes zur Förderung der Entwicklung von zwanzig neuen Technologiezentren. Die Mittel können für die Infrastruktur, die Entwicklung von Arbeitskräften und andere sinnvolle lokale Investitionen verwendet werden. Der Wettbewerb zwischen den Standorten um diese Gelder wird wahrscheinlich intensiv sein und einen Anreiz schaffen, für Unternehmen attraktiver zu werden und einen Teil ihrer Arbeitskräfte anzusiedeln.

Das Fed ist besorgt über die angespannte Lage auf dem Arbeitsmarkt, aber die Kehrseite der niedrigen Arbeitslosenrate ist, dass sie die Unternehmen dazu motivieren sollte, nach Orten zu suchen, an denen sie Personal einstellen und an sich binden können. Für die Arbeitgeber ist es ein Wettlauf, neue Standorte zu finden, um sich weiterzuentwickeln. Die Gelder der Bundesregierung werden helfen, aber wie das Weisse Haus betont, wird die Schaffung von Arbeitsplätzen durch den privaten Sektor vorangetrieben.

Die Ausbildung intensivieren

Gleichzeitig ist es wichtig, dass diese verstärkten Investitionen in die Gemeinden nicht zu einer Verdrängung der Leute führen, die dort leben. Eine verstärkte Ausbildung der Arbeitskräfte ist unerlässlich. Es ist auch von entscheidender Bedeutung, den Bau von genügend Wohnungen zu ermöglichen, um eine wachsende lokale Bevölkerung unterzubringen. Andernfalls werden wir nur weitere (kleinere) Versionen von Manhattan, San Francisco oder Sun Valley bekommen, die für die meisten Menschen unerschwinglich geworden sind.

Ganz allgemein wird mit dem Chips and Science Act anerkannt, dass die USA ihr Engagement für die Grundlagenforschung und den Prozess, der aus plausiblen Ideen echte Produkte macht, erneuern müssen. Wenn die USA dies auf breiter Basis tun und diese Möglichkeiten im ganzen Land verbreiten, werden eine Beschleunigung des Wirtschaftswachstums und eine viel breitere Verteilung seiner Vorteile das Ergebnis sein.

Copyright: Project Syndicate.