Die hohe und hartnäckige Inflation stellt die Notenbanken auf eine harte Probe. Das US-Federal Reserve und die Europäische Zentralbank ringen um ihre Glaubwürdigkeit und damit um das höchste Gut, über das eine Zentralbank verfügt. Ein gutes Stück davon haben sie bereits verloren.
Im denkbar ungünstigsten Moment, als der Inflationszyklus sein Tief erreicht hatte, reformierten sie 2020 resp. 2021 ihre geldpolitische Strategie. Sie institutionalisierten eine Politik, die Inflation nicht mehr als Risiko bekämpft, sondern sie auch dann toleriert, wenn sie die historischen Ziele übersteigt. Der Schuss ging nach hinten los. Die Drosselung der ultraexpansiven Geldpolitik wurde zu lange hinausgezögert. Das Inflationsgespenst wurde unterschätzt.
Fed und EZB betrieben Schadenbegrenzung
Nun versuchen sie, Versäumtes nachzuholen. Das Fed hat dazu den Zweihänder herausgeholt. Am Mittwoch hat es den Leitzins um 75 Basispunkte angehoben. Dass es ihm gelingt, die überhitzte Konjunktur abzukühlen, ohne das Land in eine Rezession zu stürzen, glauben aber immer weniger Marktteilnehmer.
Die EZB ist zwar nicht mit einer überhitzten Wirtschaft konfrontiert. Aber auch sie eilt den Ereignissen hinterher. Die Ankündigung einer geplanten Geheimwaffe gegen zu hohe Renditeaufschläge in hoch verschuldeten Mitgliedstaaten ist nur der jüngste Hinweis auf die Panik und die Ratlosigkeit, die unter den Notenbankern in Frankfurt zu herrschen scheinen.
Die SNB überzeugt
Wie ein Kontrapunkt wirkt da der Auftritt des Nationalbankdirektoriums am Donnerstag. Entgegen der Meinung der Marktteilnehmer erhöht es den SNB-Leitzins um 50 Basispunkte auf –0,25%. Die SNB folgt nicht der EZB und wartet mit dem notwendigen Schritt bis September, wie ihr allgemein nahegelegt wurde, sondern sie handelt entschlossen und zum frühsten möglichen Zeitpunkt.
Die Überraschung allein ist nicht so entscheidend. Vielmehr hat die SNB am Donnerstag wichtige geldpolitische Anstösse gegeben. In der Frankenpolitik wird ein neuer Weg gegangen. Künftig sollen Devisen nicht nur angehäuft, sondern auch verkauft werden. Die Nationalbank wird wieder mehr Zins- und weniger Währungspolitik betreiben.
Auch auf das unsägliche Konzept der Forward Guidance – wonach geldpolitische Entscheide lange im Voraus signalisiert werden, auf die Gefahr hin, unvorhergesehene Wirtschaftsentwicklungen zu verpassen – will die SNB nach Worten ihres Präsidenten Thomas Jordan weiterhin verzichten.
Die SNB hat einen überzeugenden ersten Schritt im Ausstieg aus der Minuszinspolitik vollzogen. Die Initiative liegt klar bei ihr. Ihre Glaubwürdigkeit hat sie erfolgreich verteidigt.
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SNB: eine Frage der Glaubwürdigkeit
Nach dem US-Fed überrascht auch die Schweizerische Nationalbank mit einer substanziellen Zinserhöhung die Märkte. Die Voraussetzungen sind jedoch grundverschieden.