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Yoko Ono: Kunst für den Frieden

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Yoko Ono, Wish Tree, 1996/2013
Yoko Ono, This Room Moves The Same Speed As The Clouds, Ausstellungsansicht Kunsthaus Zürich, 4. März –29. Mai 2022
Yoko Ono, This Room Moves The Same Speed As The Clouds, Ausstellungsansicht Kunsthaus Zürich, 4. März –29. Mai 2022

Yoko Onos Karriere geht Hand in Hand mit der von John Lennon, lautet das Vorurteil. Der immerwährende Vorwurf: Ono habe die Karriere der britischen Popband unterbrochen, nur um mit John Lennon ein eigenes Leben zu beginnen. Lang bevor sie Beatles-Frontmann Lennon in dritter Ehe 1969 heiratete und die Musikband Plastic Ono gründete, war Yoko Ono aber bereits als bildende Künstlerin tätig – und auch erfolgreich. Onos künstlerisches Werk gehört der Generation des Fluxus an, wo die Grenzen zwischen Medien wie Musik, Installation, poetischen Texten und bildender Kunst verschwimmen. Eine aktuelle Ausstellung im Kunsthaus Zürich ist der 89-jährigen Künstlerin gewidmet, keine Retrospektive, mehr ein Querschnitt.

Yoko Ono wurde noch während des japanischen Kaiserreichs in Tokio in eine wohlhabende Familie geboren; sie lernte Klavier, ging an eine Eliteschule in Japan. Ihre Familie war dank dem Vater, einem Banker, bereits eng mit den Vereinigten Staaten verknüpft. Mit neunzehn Jahren folgte Ono ihrer Familie und übersiedelte endgültig nach New York. Sie studierte Literatur und Musik und gelangte in den Kreis um den US-Avantgardekomponisten John Cage und den Fluxus-Begründer George Maciunas. Onos Arbeiten aus der Zeit sind poetisch, mit ernstem Unterton.

Poetische Handlungsanweisungen

Onos frühe Arbeiten sind Performances, kleine Gesten und Aktionen, die nicht alle dokumentiert sind — müssen sie auch nicht, denn genau gegen die etablierten Werkkategorien wie Fotografie und Malerei und das kommerzialisierte Produkt der Kunst wandte sich der damals revolutionäre Fluxus. Oftmals einziges Zeugnis von Onos Arbeiten der frühen Sechzigerjahre sind die poetischen Handlungsanweisungen («Lass einen Pachinko-Ball fallen, wo immer du hingehst»), die durchgeführt werden wollen, sich aber auch in der Vorstellung exekutieren lassen.

Charakteristisch das Buch mit dem Titel «Grapefruit», das Handlungsanweisungen auf Japanisch und Englisch enthält und gleichzeitig als poetisch-schriftstellerische Auseinandersetzung, als Werkkatalog und Dokumentation der frühen Arbeiten fungiert. Das Motiv der Grapefruit ist eine Kreuzung zwischen zwei Zitrusfrüchten, einmal mehr eine Durchdeklinierung der Kollision zwischen Ost und West. Lyrisches Haiku gegen provokante, dadaistische Geste.

Körper als Thema

Gleich am Eingang der Ausstellung befindet sich mit dem «Cut Piece» womöglich eine der bekanntesten Performances von Yoko Ono. In der New Yorker Carnegie Hall wurden Besucher eingeladen, der stoisch allein auf der Bühne sitzenden Ono mit einer Schwere jeweils ein Stoffstück Kleidung abzuschneiden. Das Publikum schnitt vorerst noch kleine Stücke ab, bis ein paar Herren grössere Stücke freilegten und den Körper der Künstlerin entblössten. Die Arbeit ist weniger trotzig feministisch als zurückhaltend fragil. Onos Werk thematisiert in den Filmen den eigenen weiblichen Körper, bleibt dabei dennoch ästhetisch, vorsichtig, fast zurückhaltend.

In ihren Arbeiten nimmt Ono Elemente vorweg, die bei Konzeptkünstlern wie Joseph Kosuth zu klinisch-semantischen Werkzeugen werden. Ono hat die Konzeptkunst auf die augenzwinkernde Geste reduziert. Vielleicht ist das einer der Gründe, warum ihr Werk auch weniger Barrieren zum Publikum erzeugt – denn Berührungshemmung darf man nicht haben. Ono aktiviert im Kunsthaus Zürich die Besucher, die durch einen Irrgarten aus Plexiglaswänden laufen, sich in einem Filzsack entkleiden müssen und gegen den Wind, den Himmel und die Mauern des neuen Chipperfield-Baus anschreien. 

Friedensaktivismus

John Lennon findet sich vielerorts in den Arbeiten von Ono — als Hommage, Memento oder Wegbegleiter. Wohl am prominentesten sind die Friedensbemühungen der beiden Künstler, die in den berühmten gemeinsamen «Bed-ins» gipfelten. Ono und Lennon, frisch verheiratet, zogen sich in Amsterdam und Montreal medienwirksam wie performativ gegen den Vietnamkrieg in das Hotelbett zurück, um für den Frieden zu demonstrieren. Der Friedensaktivismus bleibt ein Thema, das die Künstlerin auch nach Lennons Ermordung 1980 weiter begleiten sollte.

Der «Imagine Peace Tower», eine Lichtinstallation Yoko Onos, leuchtet jedes Jahr an den Geburtstagen von Yoko Ono und John Lennon und formt dabei eine Lichtsäule vor der Küste Islands, die direkt in den Himmel strahlt. Am Fuss der Lichtskulptur sind die Wunschzettel vergraben, die Yoko Ono von ihren sogenannten Wish Trees sammelt: einer Serie an Kunstwerken, in denen Besucher auf Bäumen Zettel mit ihren darauf geschriebenen Wünschen anbringen. Die Zettel werden anschliessend von der Künstlerin gesammelt und nach Island verschifft.

Erst unlängst hat die Künstlerin vor dem Hintergrund des Ukrainekrieges eine Friedensnachricht («Imagine Peace») ausstrahlen lassen, die auf grossen Leuchtreklameschirmen an Plätzen wie dem Londoner Piccadilly Circus, dem Times Square in New York und dem K-Pop Square in Seoul lesbar war. Bleibt nur zu hoffen, dass Onos Wünsche im Licht der Ukrainekrise endlich gehört werden.