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Gelesen

Es ist ein grosses Vorhaben, die Ideen und Theorien, die die Politik in Europa im vergangenen Jahrhundert geprägt haben, in ein Buch zu packen. Vor allem, wenn das Resultat auch für ein breiteres Publikum intellektuell stimulierend sein und nicht bloss auf der Leseliste angehender Politikwissenschaftler landen soll. Jan-Werner Müller ist es mit «Das demokratische Zeitalter» gelungen, auch wenn sich sein Buch nicht als Bettlektüre eignet, dafür sind die Informationen zu dicht getaktet.

Zudem setzt der Professor für Politische Theorie und Ideengeschichte an der Universität Princeton beim Leser, bei der Leserin ein gewisses Grundwissen über die europäische Geschichte voraus. Was gut ist, denn so kann er mehr Platz darauf verwenden, neben den Theorien bekannter Philosophen wie Max Weber, Friedrich von Hayek und Carl Schmitt auch die vorzustellen, deren Schriften heute in Vergessenheit geraten sind. Darunter Jacques Maritain, der an der ersten Fassung der Uno-Menschenrechtsdeklaration mitgeschrieben hatte und Verfechter einer christlich geprägten Demokratie war. Oder Herbert Marcuse, der die Studentenbewegung 1968 massgeblich geprägt hatte und so bekannt war, dass der «Playboy» ihm eine Ausgabe widmen wollte. Marcuses Bedingung: Er wolle genauso als Objekt ­abgebildet werde wie die Frauen im Magazin. Das Interview und die Nacktfotos im Zeichen der Gleichberechtigung der Geschlechter kamen nicht zustande.

Trotz solcher Anekdoten legt Müller den Fokus jeweils nicht auf die Person an sich, sondern auf ihre Ideen und wie sie das politische Geschehen in Europa beeinflusst haben. Durch das Verknüpfen von Originaltexten, sekundären Quellen und eigener Analyse zeigt er, wie der Faschismus und antidemokratische Elemente in Europa die Oberhand gewannen und wie die politische Theorie nach dem Zweiten Weltkrieg an die neue Realität angepasst werden musste. Eine weitere Stärke des 1970 in Deutschland geborenen Müller ist das Herausschälen der Unterschiede zwischen West- und Osteuropa während der Nachkriegszeit.